Vom Bambus- zum Aluminiumskistock. Von 26 Zoll zu 27.5 Zoll Räder. Scott International ist bekannt für seine Innovationen. CEO Beat Zaugg, seit 31 Jahren im Unternehmen, erzählt uns mehr über die DNA von Scott, über Herausforderungenin der Entwicklung und den Firmenneubau. Das Gebäude hat bereits Architekturpreise gewonnen und verfügt über – nicht verwunderlich – 400 Veloparkplätze.

Beat, ihr seid Innovatoren bei Scott. Kannst du uns ein paar Beispiele erläutern?
Das haben wir in den letzten 30 Jahren mehrmals bewiesen, wir sind immer wieder mit neuen Ideen oder Produkten auf den Markt gekommen. Beispielsweise waren wir die Ersten die mit dem Aluminium- den Bambusstock abgelöst haben. Und im Velobereich waren wir mit dem Carbonmaterial und Fullsuspension Vorreiter. Wir sind der Konkurrenz gerne einen Schritt voraus. Ich würde fast behaupten, dass die Innovation in unserer DNA verankert ist. Wir verkaufen nur Produkte, die unsere Mitarbeitenden täglich benötigen.

Die Geschichte von Scott begann 1958 mit Ski. Erst später kam das Bike hinzu. Wofür seid ihr eher bekannt: Für Ski oder Bike?
Wir sind in rund 80 Ländern vertreten, davon in 20 mit eigenen Niederlassungen. Heute sind wir für beide Sportarten bekannt, obwohl wir «erst» seit 1987 im Bikegeschäft sind. Aber wir hatten das Glück, dass wir gerade zum richtigen Zeitpunkt eingestiegen sind. In den 1980er-Jahren begann in den USA die Mountainbike-entwicklung. Diese Entwicklung war immens, vor allem auch in Europa.

Welcher der vier Kernbereiche Radsport, Wintersport, Motorsport und Laufsport ist euer grösstes Standbein?
75 % vom Umsatz generieren wir durch den Rad- und Bikesport. Da wir in diesem Bereich weltweit Absatz- märkte haben, ist dies keine Überraschung. An zweiter Stelle folgt klar der Wintersport.

Welcher Kernbereich erfordert am meisten Arbeit in der Entwicklung und ist am anspruchsvollsten in der Produktion / Umsetzung?
Der Schuhbereich. Aber das ist nicht nur bei uns so, sondern grundsätzlich eine industriespezifische Herausforderung. Die Entwicklung ist sehr technisch, aber beim Tragen spielt das Gefühl eine grosse Rolle. Die Entwickler müssen dreidimensional denken und auf sehr viel Erfahrung zurückgreifen können.

Und bei E-Bikes?
Das ist auch eine Challenge. Aber hier ist die Herausforderung mehr in der Form, dass wir entsprechende Mitarbeiter finden, die über das Know-how verfügen oder bereit sind, es zu erlernen. Bei der Integration von Batterien und Motoren stützen wir uns ja auf etablierte Produkte, beispielsweise der Marken Bosch und Shimano, ab.

«Unsere E-Bikes schneiden in Tests regelmässig sehr gut ab.»

Vor 7 Jahren habt ihr das erste E-Bike auf den Markt gebracht. Was und wie viel hat sich seither im E-Bikemarkt verändert?
Wir hatten uns natürlich bereits mit dem Thema auseinandergesetzt und den Markt beobachtet, als das erste E-Bike, der «Flyer», auf den Markt kam. Wir haben aber nie geglaubt, dass man mit einem eigenen Motor langfristig bestehen kann. Deshalb haben wir seit Beginn sehr eng mit Bosch zusammengearbeitet. So haben wir uns auf unsere Stärke – den Rahmenbau – und Bosch auf ihre Stärken – die Batterie und den Motor – fokussiert. Seit wir E-Bikes anbieten, konnten wir vom Wachstum im Gesamtmarkt profitieren und haben uns gut positioniert. Unsere E-Bikes schneiden in Tests regelmässig sehr gut ab. Heute ist aber der Markt auch kompetitiver. Zu den Anfangsmarken sind mittlerweile alle Marktführer dazugestossen, welche ebenfalls ein gutes Wachstum verzeichnen.

2012 habt ihr den Anstoss für 27.5 Zoll Räder gemacht. Welche Neuerungen wird es im Bikesport als nächstes geben?
Da muss ich kurz etwas erläutern. Die Idee der 27.5 Zoll Räder wurde von den Bikeprofis Nino Schurter und Thomas Frischknecht angestossen. Mit 29 Zoll kam Nino nicht zurecht. Also haben wir für ihn ein passendes Bike konstruiert. Heute sind etwa zwei Drittel 29 Zoll Räder. Die verschiedenen Radgrössen sind für den Handel nicht einfach, deshalb haben wir uns entschieden für gewisse Modelle auf 27.5 resp. 29 Zoll zu setzen.

In Zukunft wird das Gewicht immer noch ein sehr entscheidendes Argument sein, aber nicht das einzige. Fahrperformance und die Federung spielen auch mit. Und gewisse Elektroniksteuerungselemente werden hinzukommen. Die meisten Entwicklungen wird es ganz klar bei E-Bikes und E-Mountainbikes geben. Das sehen wir auch bei unseren Wachstumszahlen. Scott wird dennoch auch im nicht elektronischen Bereich weiterhin auf Innovationen setzen.

 

Wie viel Schweiz steckt in der Marke Scott?
In der Schweiz und natürlich auch im Ausland wird unser Schweizer Bezug sehr positiv wahrgenommen. Wir sind ein verlässlicher Handelspartner, haben angenehme Umgangsformen und eine neutrale Haltung. Alles geschätzte Eigenschaften, die viele Schweizer verkörpern.

„Mit dem Neubau stärken wir den Standort Schweiz und schaffen tolle Arbeitsplätze für unsere Mitarbeitenden.“

Im Dezember 2017 konntet ihr euren Neubau in Givisiez beziehen.
Genau, wir freuen uns sehr darauf. Das neue Gebäude bietet auf 20 000 m2 Platz für 450 Mitarbeitende. Wir haben viel Showräume, eine eigene Küche und Duschen. Natürlich die 400 Veloparkplätze nicht zu vergessen. Ein toller Arbeitsplatz für unsere Mitarbeitenden, der auch künftigen Anforderungen standhalten kann. Wir sind seit 1987 in Givisiez, 1993 haben wir ein eigenes Gebäude gekauft. Mit dem Neubau stärken wir den Standort Schweiz. Die Architekten unseres Gebäudes haben übrigens 2017 den Arc-Award BIM 2017 gewonnen.

Wir freuen uns sehr über diese Aufmerksamkeit, denn damit zahlt sich unsere Risikobereitschaft im Ausprobieren von neuen Technologien aus. Wir sind also nicht nur Innovatoren bei der Entwicklung unserer Produkte, sondern auch bei den Gebäuden, in denen wir arbeiten (schmunzelt).

Ein solcher Neubau nimmt extrem viel Zeit in Anspruch. Du bist damit aber auch zu deinen Wurzeln zurückgekehrt?
Das stimmt. Ich hatte ursprünglich Bauzeichner gelernt. Deshalb bin ich zusätzlich mit verstärktem Interesse dabei. Dem einen oder anderen Architek- ten ist das bestimmt aufgefallen. Aber mein Erstberuf hilft mir nicht nur für das Projekt «Neubau», sondern auch in der täglichen Arbeit. Ich habe ein gutes Vorstellungsvermögen und kann dreidimensional denken. Und gerade in der Produktentwicklung ist dies sehr hilfreich.

Bei welchen Sportarten findest du den Ausgleich?
Mit Gartenarbeit (lacht). Ich fahre sehr gerne Ski oder mache Skitouren. Natürlich Velofahren – Mountainbike wie auch mit dem Rennvelo. Und seit kurzem bin ich auch mit einem Elektromountainebike unterwegs, welches mir meine Mitarbeitenden geschenkt haben. Früher ging ich noch oft laufen, das geht heute nicht mehr so gut. Ich schätze es aber immer, wenn ich es beim Sport schaffe, Geist und Körper zu trennen.

Zum Abschluss. Vervollständige bitte den Satz: Scott ist …
… für meine Mitarbeitenden und mich eine Plattform, auf der wir unsere Träume ausleben können. Wir entwickeln Produkte für Sportarten, die wir selber ausüben. Und wir hoffen, dass wir die Freude, die wir verspüren, in unseren Produkten und schlussendlich an unsere Konsumenten weitergeben können. Obwohl wir Produkte herstellen, ist Scott für uns mehr als das. Es ist eine Lebenseinstellung, ein Lebensstil.

 

Scott International

1958 gegründet, mit amerikanischen Wurzeln und Ingenieuren aus Europa. Der Holdingsitz des Unternehmens ist in Givisiez in der Schweiz und beschäftigt 1500 Mitarbeitende weltweit, davon 270 in der Schweiz. Als grösstes Sportartikelunternehmen der Schweiz bietet Scott Produkte für den Bike-, Ski-, Lauf- und Motorsport an. Beat Zaugg arbeitet seit 31 Jahren bei Scott und ist seit 1993 CEO.

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Denise Girardet

Wir danken Denise für ihren Einsatz und ihre Blogbeiträge als Mitarbeiterin von Pais Sport bis April 2021.

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